Dass wir im Zeitalter der Technik leben geht auch an unseren Kindern nicht spurlos vorbei: Smartphones, Tablet & Co. werden immer früher zum wichtigen Bestandteil des Lebens der Kleinen und der Wlan-Hotspot ist das erste was gecheckt wird, wenn man irgendwo hinkommt. Dieses neugewonnene Interesse von Kinder an der modernen Technik ruft natürlich auch die Spielzeughersteller auf den Markt, die ein großes Geschäft wittern. Im Falle des britischen Spielzeugherstellers Vivid ist das nun aber gründlich nach hinten losgegangen, denn die internetfähige Puppe „Cayla“, die wie ein kindgerechtes Siri, bzw. Alexa sein soll, wird beschuldigt eine – von außen viel zu leicht zu manipulierende Sendeanlage zu sein, mit der man – ohne viel Aufwand – private Gespräche aus dem Kinderzimmer abhören kann. Die Bundesnetzagentur empfiehlt den Eltern nun sogar die Entsorgung der Puppe. Wir klären auf, was es mit der Puppe Cayla auf sich hat und ob ihr das Spielzeug wirklich entsorgen solltet.
Gewisse Sendeanlagen sind nach §90 des Telekommunikationsgesetzes verboten und zu einer solchen soll auch das Kinderspielzeug Cayla gehören. Per Bluetooth soll sich jeder in Reichweite der Puppe mit dieser verbinden können und somit unbemerkt private Gespräche aus dem Kinderzimmer abhören können.
My Friend Cayla: Das Konzept
Die „My Friend Cayla“-Puppe ist eine ca. 45 cm große Puppe mit blonden Haaren und blauen Augen. Sie trägt blaue Turnschuhe, eine rosafarbene Leggins, einen dunkelblauen Rock, eine weiß-pinke Jacke und eine pinkfarbene Halskette. Die Puppe kann mit dem Internet verbunden werden und soll neugierigen Kindern jegliche Fragen zu ihrer Person, fremden Ländern und bekannten Persönlichkeiten beantworten. Cayla, die mit ihrem Look eher an Mädchen gerichtet ist, soll für das Kind fast wie eine richtige Freundin sein, mit der es spielen, aber sich auch unterhalten kann.
Über eine App für Android oder iOS verbindet sich die Puppe mit dem Smartphone der Eltern, die die Puppe mit der App kindersicherer gestalten können. Ist die kleine Puppe mit dem Internet verbunden, so leuchtet ihre pinke Halskette in Herzform, allerdings kann sie in bestimmten Funktionen auch offline genutzt werden. Nach dem ersten spannenden Auspacken und der Einstellung der technischen Details kann es auch schon mit dem Kennenlernen losgehen. Man kann der Puppe alle möglichen Fragen stellen: Von ihrer Lieblingsfarbe und ihrem Lieblingstier bis hin zu ihrer Familiengeschichte erzählt Cayla – wenn auch in einer etwas unheimlichen schnarrenden Stimme – alles über sich.
Kinder stellen unglaublich viele Fragen und das kann für die Eltern mitunter schon mal ganz schön anstrengend werden. Cayla nimmt den Eltern die Beantwortung einiger dieser Fragen ab, indem sie den Kindern beispielsweise beantwortet wie schnell ein Delfin schwimmen kann (bis zu 50 kmh) und welches das größte, auf der Erde lebende Säugetier ist (Blauwal). Aber auch bei Rechenaufgaben ist Cayla schnell gefragt und hat stets die richtige Antwort parat. Mit Hilfe des Smartphones können die Kinder zusammen mit Cayla Spiele wie TickTackToe spielen. Die Puppe erkennt die Spielzüge auf dem Handy, lobt diese und führt eigene aus. Dabei gewinnt natürlich meistens das Kind.
Um Cayla noch besser kennen zu lernen, kommt die Puppe neben einer kleinen Haarbürste, einem Spiegel und ziemlich genauen Vorstellungen zu ihrer Frisur („Wie wäre es mit einem Pferdeschwanz?“) auch noch mit einem kleinen Fotobuch in der App, das man auf dem Smartphone oder Tablet öffnen kann. Tippt man dann auf ein Bild erzählt euch Cayla in monotoner Stimme die Geschichte hinter dem Bild.
Cayla weist Sicherheitslücken auf

Auch wenn es in der App verschiedene Sicherheitsstufen gibt um Zugriff aufs Internet Kindersicherer zu gestalten so weist Cayla doch eine gravierende Sicherheitslücke auf. Während man bei jedem anderen Gerät mit Bluetoothfunktion zuerst ein Passwort eingeben muss um sich verbinden zu können, ist das bei Cayla – einem Kinderspielzeug – nicht der Fall. Jeder, der sich im Empfangsbereich der Puppe befindet, welcher bei einem Wohnhaus mit mehreren Parteien ganz schön viele Menschen betreffen kann, und im Besitz eines Bluetooth-fähigen Handys ist, kann sich mit der Puppe verbinden. Dann kann sogar das Mikro eingeschaltet werden, ohne dass die Kette aufleuchtet und den, von nun an Mithörenden, verrät.
Wenn man das Wort „Abhöranlage“ hört, denkt man ja zunächst eher weniger an eine niedliche Kinderpuppe doch genau das vermutet die Bundesnetzagentur hinter Cayla: Eine getarnte, sendefähige Anlage, die aber laut §90 des Telekommunikationsgesetzes verboten ist. Es ist möglich, sich in den Funk der Puppe Cayla einzuhacken, es handelt sich also um eine Funkanlage, die als ein alltäglicher Gegenstand „getarnt“ ist. Ein Unwissender kann der Puppe ihr technisches Innenleben schließlich nicht ansehen. Und genau aus diesem Grund empfiehlt die Bundesnetzagentur das Gerät zu entsorgen und sich dafür eine Bescheinigung ausstellen zu lassen, damit man als Käufer im Zweifelsfall nachweisen kann, das man nicht mehr im Besitz dieser Puppe ist.
Cayla: Niedliche Gefahr im Kinderzimmer
Dass Cayla einige Sicherheitslücken aufweist wissen wir jetzt, aber was kann das eigentlich für Folgen haben? Verbindet sich jemand von außerhalb mit einem hohen Maß an krimineller Energie mit der Puppe und kann somit das Mikrofon steuern und anzapfen, ohne dass die leuchtende Halskette es uns verrät, so hört er alle Gespräche mit, die in Anwesenheit der Puppe geführt werden. Liegt die Puppe im Wohnzimmer und Mama und Papa unterhalten sich über die Finanzen möchte bestimmt keiner, dass ihr Gespräch mitgehört oder vielleicht sogar aufgezeichnet wird. Empfindliche Daten und Informationen können so an die Außenwelt gelangen und missbraucht werden.
Und wieso ist Cayla eine Gefahr für unsere Kinder? Für das Kind ist Cayla wie eine beste Freundin, sie darf zu keinem Zeitpunkt des Tages fehlen und ist überall dabei. Dadurch bekommt der Mithörende einen sehr genauen Eindruck vom Tagesablauf des Kindes. Wann ist es wo, wann wird es von wem beaufsichtigt? Zudem erfährt der Mithörende so private Informationen über das Kind, wie seinen Namen, seine Vorlieben, die Namen der Eltern, Freunde, Haustiere, etc. Spricht so Jemand das Kind nun auf der Straße an, so wird das Kind zunächst misstrauisch sein und dem Fremden auf keinen Fall vertrauen, so habt ihr es eurem Kind schließlich beigebracht. Packt der Fremde dann nur aber all die persönlichen Informationen über das Kind aus, spricht es mit dem Vornamen an, sagt er ist ein Freund von den Eltern, erwähnt dabei noch ihre Namen und weitere persönliche Details, so gewinnt er damit das Vertrauen des Kindes, welches dann im schlimmsten Fall sogar gewillt ist, mit dem Fremden mitzugehen. Was danach kommt mag man sich als Eltern gar nicht vorstellen.
Persönliche Informationen über das eigene Kind, die an die falschen Menschen geraten, sind immer fatal und sollten in jedem Fall vermieden werden. Deswegen sollten Armbänder oder Gepäckanhänger an Rucksäcken (falls das Kind mal irgendwo verloren geht) nie mit dem Namen des Kindes ausgestattet sein. Fremde sprechen das Kind sonst mit seinem Namen an und vermitteln im das Gefühl, dass sie ihm vertrauen können. Eine Nummer, bei der angerufen werden kann, falls das Kind mal verloren gegangen ist, reicht vollkommen aus.
Cayla – Wegschmeißen oder nicht?

Schlussendlich stellen wir uns also die Fragen, ob Cayla – wenn sie bereits erworben wurde – entsorgt werden sollte und kommen zu dem Schluss: Besser kein Risiko eingehen. Ist die Puppe entsorgt, so müsst ihr euch keine Sorgen mehr machen, dass Fremde vielleicht eure privaten Gespräche abhorchen könnten und persönliche Informationen über euer Kind sammeln um es später mit Vertrauen locken zu können. Wer die Puppe nun aber schon zuhause hat muss nicht gleich in Panik ausbrechen. Um die Technik von Cayla zu hacken, braucht es ein hohes Maß an krimineller Energie und das gewisse technische Know-How. Wir können froh sein, dass die meisten Menschen nicht über beides gleichzeitig verfügen. Im Offline-Modus ist die Gefahr abgehört zu werden zwar geringer, vorhanden ist sie aber trotzdem noch. Wer die Puppe aber dennoch behalten will, sollte sie an öffentliche Orte nicht mitbringen, denn in Deutschland ist Cayla inzwischen verboten, da sie den deutschen Sicherheitsstandards nicht genügt.
Was nun aber, wenn das Kind Cayla schon ins Herz geschlossen hat und ihr es einfach nicht über das Herz bringt ihm seine Lieblingspuppe wegzunehmen. Dann bleibt nur die Möglichkeit, dass ihr die Technik komplett entfernen lasst, denn auch wenn sich die Puppe im Offline-Modus befindet, so kann sie doch immer noch via Bluetooth mit anderen, möglicherweise fremden Geräten verbunden werden.
Fazit zum Technikspielzeug Cayla
„My Friend Cayla“ ist zwar vermeintlich der Freund des Kindes, kann ihm unterm Strich aber nur mehr schaden als es ihm Nutzen bringt. Es kann nicht sichergestellt werden, dass sich kein Anderer in den Funk des Kinderspielzeuges einhängt und diesen so manipuliert, bzw. abhört. Private Informationen, die an Fremde gelangen sind sehr gefährlich, da Kinder schnell Vertrauen gewinnen zu Menschen, die sie mit Namen ansprechen, die Namen der Familienmitglieder oder sogar des Haustieres nennen. Die Idee einer interagierenden Puppe ist zwar eine gute, die Sicherheit der persönlichen Daten wurde aber nicht ausreichend bedacht. Solange also diese Daten-Sicherheitslücke nicht geschlossen wurde ist von jeglichem Spielzeug dieser Art (Bluetooth ohne Passwortsicherung, Internetzugang) für Kinder jungen Alters abzuraten.